Interview mit Georg Stoffels und Ralf Eylmanns
Georg Stoffels: Mit der Initiative „Botschafterinnen und Botschafter des Handwerks“ wollen wir Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind und beruflich noch Orientierungsbedarf haben, gezielter für das Handwerk begeistern. Wir glauben, dass Handwerksbetriebe alle Möglichkeiten des Fachkräftepotenzials ausschöpfen müssen. Und unter den Zugewanderten gibt es viele engagierte und handwerklich sehr talentierte Menschen, die wir mit der Initiative erreichen wollen.
Ralf Eylmanns: Wir haben insbesondere junge Menschen aus dem Ausland im Blick, die nach Deutschland gekommen sind, um die deutsche Sprache und einen Beruf zu erlernen, um sich dann hier eine Existenz aufzubauen. Das können junge Migrant*innen in den Internationalen Förderklassen der Schulen, in Sprachakademien, aber auch Migrantenorganisationen oder Menschen mit Fluchterfahrung sein. Auch Eltern und Familien dieser Personengruppen sind für uns wichtige Ansprechpersonen, da sie die Berufswahl wesentlich mitbestimmen.
Georg Stoffels: Als Herausforderung betrachten wir es zunächst, engagierte Botschafter*innen für diese ehrenamtliche Aufgabe zu gewinnen und auf die Aufgaben vorzubereiten. Denn man muss berücksichtigen, dass diese ehrenamtlich tätigen Handwerker*innen selbst im Berufsleben stehen, sei es als Selbstständige oder als angestellte Fachkräfte in einem Betrieb, der bei solchen Aktionen letztlich auch „mitspielen“ muss. Glücklicherweise haben wir bereits einen kleinen Kreis von ambitionierten Botschaftern, darunter auch eine Botschafterin, gewinnen können, der sich mit eigenen Ideen einbringt und von der Initiative begeistert ist. Eine weitere Herausforderung ist das Aufschließen der Zielgruppen, also z.B. das Interesse bei den Migrantenorganisationen zu wecken.
Auch wollen wir mit den jeweiligen Kooperationspartner*innen flexible Einsatzmöglichkeiten unserer Botschafter*innen erarbeiten.
Ralf Eylmanns: Mit dem Peer-to-Peer-Ansatz haben wir bereits im Projekt Ausbildungsbotschafter sehr gute Erfahrungen gemacht. Es ist überzeugender und authentischer, wenn Karrieremöglichkeiten im Handwerk von den Personen dargestellt werden, die diesen Berufsweg selbst durchlaufen haben. Das gilt für junge Lehrlinge, die fast gleichaltrigen Schüler*innen erzählen, wie eine duale Ausbildung aussieht, ebenso wie für Handwerker*innen mit Migrationshintergrund, die zugewanderten Menschen erklären, was man im Handwerk alles erreichen kann.
Die Botschafter*innen können vor allem individuelle Zugangswege ins Handwerk aus eigenen Erfahrungen aufzeigen.
Georg Stoffels: Unsere Botschafter*innen lernen auf diesem Wege zunächst „ihre Handwerkskammer“ noch besser kennen, auch die Vielfalt der Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten im Handwerk, losgelöst von der eigenen Berufsbiografie. Die Botschafter*innen werden mit umfangreichen Infomaterialien und Equipment ausgestattet und werden auch geschult. Das erweitert nicht nur den eigenen Horizont, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein, das wiederum für den eigenen beruflichen Werdegang förderlich ist.
Ein weiterer Vorteil für die Botschafter*innen ist, dass sie sich beim Erzählen über den eigenen beruflichen Werdegang auch Gedanken über sich selbst machen und so ihr Leben noch einmal reflektieren. Dadurch ergeben sich manchmal auch weitere Wege für die ehrenamtlich tätigen Handwerker*innen.
Georg Stoffels: Betriebe, die ihre Mitarbeiter*innen bei ihrem Engagement als Botschafter*in unterstützen, signalisieren damit eine Wertschätzung, was wiederum zu einer größeren Mitarbeiterbindung führt. Auf diese Weise geschätzte Mitarbeitende engagieren sich auch stärker im eigenen Betrieb und können möglicherweise bei der eigenen Personalakquise wertvolle Hilfe bieten. Außerdem kann sich der Betrieb nach außen als attraktiver Arbeitgeber darstellen.
Ralf Eylmanns: Über die verschiedenen Initiativen unserer Kammer im Bereich der Fachkräftesicherung wie z. B. Ausbildungsbotschafter, Lehrstellenvermittlung, Mobilitäts- und Ausbildungsberatung hatten wir bereits viele Kontakte zu Handwerker*innen mit Zuwanderungsgeschichte. Einige dieser Personen – junge Gesell*innen, aber auch Unternehmer*innen – haben wir direkt durch unsere Beratungsfachkräfte und Projektmitarbeitende angesprochen und für die Initiative „Botschafterinnen und Botschafter des Handwerks“ gewinnen können.
Georg Stoffels: Wir hatten bereits erste Veranstaltungen, bei denen uns unsere Botschafter*innen unterstützt haben, z. B. auf der größten Ausbildungs- und Berufsmesse in Aachen oder einer Informationsveranstaltung für Migrant*innen aus Internationalen Förderklassen. Unsere Botschafter*innen erzählen auf diesen Veranstaltungen, wie sie nach Deutschland gekommen sind, warum sie hier ein Handwerk erlernt haben und was ihnen an ihrem Beruf besonders gefällt. Möglichst authentisch den eigenen Lebens- und Berufsweg zu beschreiben, das ist für uns die Hauptaufgabe unserer Botschafter*innen. Wir versuchen, weitere solche Veranstaltungen zu organisieren oder uns daran zu beteiligen, z. B. über unsere Kontakte zur Schulsozialarbeit in der Region, der kommunalen Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte, sowie der Wirtschaftsförderung der Stadt Schleiden.
Wir sehen die ehrenamtlich tätigen Handwerker*innen auch als Türöffner, um Menschen mit Migrationshintergrund dabei zu helfen, ihren Weg in eine berufliche Zukunft zu gehen.
Ralf Eylmanns: Unsere bestehenden Kontakte in den unterschiedlichen Fachbereichen zu Auszubildenden, Lehrgangsteilnehmenden und Betrieben sind der beste Fundus für potenzielle Botschafter*innen. Bevor wir uns mit der Gewinnung weiterer Personen befassen, wollen wir aber zunächst den Kontakt und die Qualifizierung unserer gewonnenen Botschafter*innen ausbauen, z. B. durch Workshops mit Unterstützung der ZWH und weiterer Kooperationspartner, in denen es um die Weiterentwicklung interkultureller Kompetenzen und Perspektiven im Berufsfeld Handwerk geht. Da unsere Botschafter*innen recht technikaffin sind, planen wir aktuell auch, dass sie bei der Erstellung von Handy-Videos, mit denen sie Ratsuchenden weitere Einblicke in ihr berufliches Umfeld geben können, unterstützt werden.
Ralf Eylmanns: Beeindruckend ist, welche positiven Wirkungen die Peer-to-Peer-Maßnahmen in der Berufsorientierung haben können. Es hat eine ganz andere Überzeugungskraft, wenn Menschen aus einem anderen Kulturkreis ihren Landsleuten oder Personen mit ähnlicher Herkunftsgeschichte das Handwerk aus eigenem Erleben nahebringen, als wenn dies professionelle Berufsberater*innen machen. Die Botschafter*innen vermitteln in eigener Person, dass das Motto stimmt: Es kommt nicht darauf an, wo Du herkommst, sondern, wo Du hinwillst.
Georg Stoffels: Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass es zum Teil nach den Veranstaltungen dazu kommt, dass sich die Botschafter*innen mit den Besucher*innen austauschen und manchmal die Handynummern weitergeben, um Kontakt zu halten.
Georg Stoffels: Wir planen, einen Steckbrief der Botschafter*innen zu veröffentlichen, um so vorab einige Informationen zu den beteiligten Personen zu geben, wobei auch die Nennung der gesprochenen Sprachen oder der eigenen oder familiären Herkunft der Botschafter*innen für die Zielgruppe hilfreich sein kann, eventuelle Hemmungen zu verkleinern.
Darüber hinaus könnten wir auf unserer Website berichten, wenn es zum Beispiel gelingt, dass durch eine Veranstaltung ein Mensch mit Migrationshintergrund einen Weg in seine berufliche Zukunft findet.
Eine kurze Videosequenz auf der Homepage wäre ebenfalls denkbar.
Auch ein Aufruf an Institutionen, die mit Migrant*innen arbeiten, sich gerne bei uns zu melden, um gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, wäre ein Ansatz.
Sie haben Fragen?
Ihre Kontaktpersonen zu unseren Leistungen:
Georg Stoffels
Regionale Koordinierung der Initiative
Hauptgeschäftsführer
Tel.: +49 241 471-117
Ralf Eylmanns
Regionale Koordinierung der Initiative
Berater, Bildungslotse und Bildungscoach
Tel.: +49 241 471-162
Sabine Wessing
Regionale Koordinierung der Initiative
Unternehmensberatung
Tel.: +49 241 4711-73